Katharina Albrecht – Botschafterin des heimischen Films

Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie des Österreichischen Films: „Ich habe ein kleines, aber wahnsinnig tolles und effizientes Team." (Foto eSeL.at)Klug, kommunikativ und mit großem Wissen im Kulturmanagement leitet Katharina Albrecht seit 2021 die Akademie des Österreichischen Films. Ihr Anliegen ist es, die Brücke zwischen den Künstler:innen, dem Publikum, den Förderinstitutionen wie auch der Politik zu schlagen.

Ihr Vater war Dirigent, ihre Mutter Bühnenbildnerin, in ihrem Zuhause waren viele Künstler zu Gast, unter ihnen die bekannte deutsche Geigerin Anna Sophie Mutter. „Die künstlerischen Gene meiner Eltern habe ich zwar nicht mitbekommen“, lacht Katharina, „aber dafür ein breites Wissen für die Tätigkeit, die ich jetzt ausübe.“ Ihr Vater stellte hohe Ansprüche an die Kunst – und an seine beiden Töchter, erzählt die attraktive Kulturmanagerin. Ihre Schwester ist Ethnologin, lehrt an Universitäten und hat mit Dokumentarfilmen schon einige Preise gewonnen.

Die Präsidenten der Akademie des Österreichischen Films Verena Altenberger und Arash T. Riahi mit Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie. (Foto eSeL - Lorenz Seidler)
Die Präsidenten der Akademie des Österreichischen Films Verena Altenberger und Arash T. Riahi mit Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie. (Foto eSeL – Lorenz Seidler)

„Mein Vater hat zu uns gesagt: „Nur über meine Leiche werdet ihr selber Künstler“, lacht sie wieder ihr ansteckendes Lachen. „Er hatte natürlich viel Erfahrung mit Menschen, die künstlerische Berufe ausgeübt haben. Aber wie gesagt, durch dieses wunderbare Umfeld zu Hause, das Arbeiten und Leben zusammen mit Künstlern habe ich relativ früh gewusst, dass ich ins Kulturmanagement wollte. Ich wollte mit diesen kreativen Menschen arbeiten und sie auch verstehen. Und deshalb stellte sich nach der Schule die Frage, was mache ich?“

Ihr Vater meinte damals, Kulturmanagement in dem Sinne wäre schwierig zu studieren, in diese Arbeit wachse man hinein. Sie solle doch erstmal etwas studieren, worauf sie Lust habe. Ich musste gemeinsam mit ihr schmunzeln, als sie erzählt, dass sie dann Arabistik studierte. Katharina verlor aber nie den Blick auf den Kulturbereich. Eines Tages bekam sie dann einen Anruf von einer Freundin, dass eine Medien- und Ausstellungsagentur in Berlin eine Assistentin der Geschäftsführung suche. Sie bewarb sich und wurde genommen.

Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie des Österreichischen Films mit Journalistin Hedi Grager, www.hedigrager.com, beim Österreichischen Filmpreis 2024. (Foto privat)
Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie des Österreichischen Films mit Journalistin Hedi Grager, www.hedigrager.com, beim Österreichischen Filmpreis 2024. (Foto privat)

In dieser Zeit lernte sie sehr viel über die verschiedenen Bereiche dieser Branche. „Was ich für mich bei dieser Arbeit am meisten gelernt habe ist zu verstehen, dass jeder seine eigene Sprache spricht, dass man sehr genau zuhören muss, was die Person oder auch Institution von einem will – und dass das nicht immer deckungsgleich ist mit dem, was auf der anderen Seite verstanden wird. Ich glaube, ich bin eine ganz gute Übersetzerin geworden für das, was Künstler in ihren Belangen und ihrer Kreativität und manchmal auch im Egozentrismus – den sie haben müssen, um ihre Kunst zu schaffen – wollen und brauchen. Dies gilt auch für das Publikum, die Förderinstitutionen oder die Politik. Diese Brücke zu schlagen ist das, was ich am besten gelernt habe und in meiner Arbeit einsetzen kann.“

Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie des Österreichischen Films: „Ich wollte keine Fachexpertin, sondern eher eine Generalistin im positiven Sinne werden.“ (Foto eSeL.at)
Katharina Albrecht, Leiterin der Akademie des Österreichischen Films: „Ich wollte keine Fachexpertin, sondern eher eine Generalistin im positiven Sinne werden.“ (Foto eSeL.at)

Dabei kommt ihr zugute, dass sie ein sehr kommunikativer und verbindlicher Mensch und eine riesengroße Netzwerkerin ist. Und egal ob Katharina Kunstmessen, Automessen oder Cityfestivals organisierte, aus allem lernte sie. „Ich mag es, Verbindungen herzustellen. Natürlich habe ich auch eigene Visionen und Ideen, wobei mir mein weites Netzwerk eine große Hilfe ist, und ich weiß, bei wem ich anklopfen kann. Und dabei kann ich durchaus sehr kämpferisch sein“, schmunzelt sie.

Auf meine Frage, ob sie ihre bereits Ziele erreicht habe, die sie sich bei Übernahme der Akademie des Österreichischen Films gesetzt habe, meint Katharina: „Einige schon, finde ich. Marlene Ropac hat in 10 Jahren alles großartig aufgebaut und den Filmpreis etabliert. Es war sicher eine Knochenarbeit, diese Anerkennung zu bekommen. Ich selbst habe nach meiner Übernahme gemerkt, dass man, wenn man mit einer Institution arbeitet – was ich bis dahin noch nie in dieser Form gemacht habe – auch einen anderen Rückenwind hat. Und vielleicht stärker gehört wird. Und meine Ziele bilden sich ab in dem, was wir kommunikativ neu propagieren.“

Vier Säulen: Filmpreis, Filmbildung, Filmkultur und Filmmagazin
„Die Akademie organisiert den Filmpreis und mit der Filmbildung sprechen wir ein neues Publikum an, wollen junge Menschen z.B. schon in Schulen für den Film begeistern. Bei der Filmkultur geht es um Rahmen- und Arbeitsbedingungen, um Gender, Diversity, fair pay, WeDo, MeToo, Kommunikation und mehr. Und wir haben unser österreichisches Kinomagazin Trailer.AT, das im Fernsehen ausgestrahlt wird. Es ist toll, dass wir es geschafft haben, das im Auftrag des ORF zu produzieren und alle zwei Monate in ORF1 und ORF3 einem breiteren Publikum berichten zu können, was in der österreichischen Kinolandschaft passiert sowie Dreharbeiten und Filmberufe vorzustellen“, freut sie sich. Diese vier Säulen hatte sie sich gewünscht, um die Akademie in ihrer ganzen Breite aufzustellen und zu präsentieren. „Und ich glaube, das ist uns auch gelungen. Man nimmt uns jetzt schon wahr als eine Institution, die nicht nur den Filmpreis macht.“

Der Leiterin der Akademie ist es sehr wichtig, junge Menschen wieder zum Film zu führen. „Ja, das ist mir ein großes Anliegen, es ist wichtig jungen Menschen zu zeigen, wie viele Möglichkeiten es nicht nur als Schauspieler, sondern auch hinter der Kamera gibt. Es passiert ja schon wahnsinnig viel, was auch im Generationenwechsel und überhaupt in der Gesellschaft begründet ist.“ Auf MeToo angesprochen meint sie, dass es in den letzten Jahren zwar viel Aufklärung und Gespräche gab und es auch zwei Institutionen dafür gibt, dass es aber leider noch immer ein großes Thema ist. „Ich glaube, das Problem ist, dass jetzt alles aufgedeckt wird, dass Dinge, die jahrzehnte- und sogar jahrhundertelang vollkommen selbstverständlich waren, jetzt plötzlich einen Fokus bekommen. Wie lange hat es bei uns gedauert, bis auch Frauen wählen durften oder ohne die Erlaubnis des Mannes ein Konto haben dürfen. In vielen Kulturen ist es leider nach wie vor so.“

Etwas nachdenklich spricht Katharina weiter, dass sie Gott sei Dank auch bei ihren Kindern sieht, dass Vieles nicht mehr so selbstverständlich ist und auch sie diese Veränderungen spüren. „Wir dürfen nicht vergessen, dass Frauen gegenüber Frauen auch nicht per se wahnsinnig loyal und solidarisch sind. Ich würde mir halt eine unaufgeregte Debatte darüber wünschen. Aber vielleicht muss man polarisieren, muss diese Überempfindlichkeit haben, um etwas zu erreichen und nach so langer Zeit die überkommenen Geschlechter- und Rollenbilder positiv zu verändern.“ Sie ergänzt mit dem schönen Spruch: ‚Don’t protect your daughters, educate your sons.“

Katharina Albrecht mit Alexandra Valent, Projektleitung Österreichischer Filmpreis, beim Filmpreis 2024. (Foto eSeLat - Joanna Pianka)
Katharina Albrecht mit Alexandra Valent, Projektleitung Österreichischer Filmpreis, beim Filmpreis 2024. (Foto eSeLat – Joanna Pianka)

Mich interessiert natürlich, ob auch ihre Tochter ein Faible für Film hat und erfahre: „Meine 19 Jahre alte Tochter ist extrem filmaffin und durch mich noch mehr, mein 16-jähriger Sohn zwar auch, aber mehr in seiner Altersklasse. Meine Tochter liebt es, mit mir als meine +1 ins Kino zu gehen. Beide bekamen diese Atmosphäre an Künstlertum schon in meinem Elternhaus mit und jetzt verstärkt auch in meinem Umfeld.“

Sehr offen erklärt sie, dass ihr Beruf kein 9-5 Job ist. „Aber ich wohne nicht weit entfernt vom Büro und kann jederzeit nach Hause ‚hüpfen‘. Durch Corona habe ich gelernt, dass man zu Hause auch sehr gut arbeiten kann, was ich an Tagen mit überwiegend konzeptioneller Arbeit auch mache.“ Begeistert erklärt sie weiter: „Ich liebe meine Arbeit, weil sie so flexibel ist, kein einziger Tag gleicht dem anderen und ich kann mir vieles super einteilen. Ich glaube, es ist viel härter am Set zu arbeiten, wo es keine Flexibilität gibt. Das bekommt man mit kleinen Kindern nur sehr schwer hin.“

Ziele und Visionen
Für das kommende Jahr hat Katharina eine große Vision: „Wir wollen das erste Forum zum Thema Filmbildung in Wien machen. Das ist wirklich ein großes Ziel von mir. Wir haben dafür den Arbeitskreis Filmbildung gegründet, bei dem mittlerweile schon sehr viele Institutionen mitmachen, u.a. die Diagonale, Wien Xtra, das Kinderfilmfestival uvm. Wir versuchen, alle ins Boot zu kriegen, um eine Lobby für das Thema Film- und Medienbildung zu schaffen, das in den Schulen zu kurz kommt. Wir möchten den Kindern näherbringen, wie man sich z.B. Medien ansehen soll, wie man sie einsetzt usw.. Natürlich ist auch die Heranführung an den Kinofilm ein Thema.

Das zweite Anliegen ist der „Filmpreis on tour“ in den Bundesländern, wodurch wir mehr Zuspruch und Sichtbarkeit bekommen.“ 2023 bekam die Akademie des Österreichischen Films für dieses Projekt, das in Kooperation mit den Österreichischen Lotterien durchgeführt wird, den Maecenas Preis in der Kategorie „Österreichische Kulturanbieter“ – für erfolgreiche Engagements in Kooperation mit der Wirtschaft“. „Aber am Ende des Tages ist es natürlich mein größtes Ziel, finanziell alles hinzubekommen. Das ist schon anstrengend, auch dass ich damit meine Mitarbeiter gut und fair bezahlen kann.“ Mit einem Schmunzeln ergänzt sie noch: „Ideen haben wir aber mehr als genug.“ Denn es ist ihr ein Anliegen, mit guten und treuen Sponsorenpartnern zu arbeiten, „damit wir nicht nur auf öffentliche Gelder angewiesen sind.“

Katharina Albrecht hat ein großes Ziel: "Wir wollen das erste Forum zum Thema Filmbildung in Wien machen. (Foto Robert Newald)
Katharina Albrecht hat ein großes Ziel: „Wir wollen das erste Forum zum Thema Filmbildung in Wien machen. (Foto Robert Newald)

“Federation of Film Academies Europe“
Sehr erfreut ist die Kulturmanagerin darüber, dass es eine viel engere Zusammenarbeit mit den europäischen Filmakademien gibt. „Seit Corona treffen wir uns alle 6 Wochen online und tauschen uns aus.“ Am 11. Juli 2024 kamen 21 Filmakademien aus 19 europäischen Ländern in Luxemburg zusammen, um die „Federation of Film Academies Europe“, kurz FACE, zu gründen, einen paneuropäischen Filmverband mit Sitz in Luxemburg. Die neue Struktur ermöglicht den Akademien, gemeinsam und eng abgestimmt auf europäischer und internationaler Ebene zu handeln. Die Akademie des Österreichischen Films ist Gründungsmitglied und übernimmt den stellvertretenden Vorsitz im Vorstand. „Damit haben wir auch eine wichtige politische Stimme Richtung Brüssel, was zusehends wichtiger ist bei Themen wie KI Richtlinien, Versicherungen, Streamer, Co-Produktionen usw..

Zwischen Multitasking und Freizeit
Woher bezieht Katharina aber die Energie und Kraft für den doch fordernden Job? „Ich treffe sehr gerne Freunde, koche gerne abends und mag gutes Essen und guten Wein. In meiner Freizeit kann ich auch sehr faul sein“, gesteht sie schmunzelnd. „Ich muss nicht immer Freizeitaktivitäten machen, muss nicht immer in die Berge oder mit dem Fahrrad unterwegs sein, lese wahnsinnig gerne. Wie meine Mutter so schön sagt ‚Manchmal sitze ich und denke, und manchmal sitze ich nur‘. Wenn man mir zwischen Multitasking und Hausaufgaben mal den Stecker zieht, liege ich gerne rum und schau in die Luft“, lächelt sie noch einmal, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit zuwendet.

Großes Beitragsfoto: Katharina Albrecht beim Filmpreis 2023. (Foto Apollonia T. Bitzan)

www.oesterreichische-filmakademie.at  

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